Wenn der Rückruf nicht einwandfrei funktioniert: Ein Blick auf „Abklatschhunde“ und soziale Verpflichtungen

Snüffelsnuut – Hundeerziehung – Alessandra Seifert

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Wenn der Rückruf nicht einwandfrei funktioniert: Ein Blick auf „Abklatschhunde“ und soziale Verpflichtungen

Anknüpfend an meinen letzten Blogbeitrag möchte ich das Thema Rückruf mit zwei weiteren Aspekten noch einmal aufgreifen.
Zum einen, wer kennt es nicht, dass der Hund beim Rückruf zwar reagiert, aber nur einen kurzen Abstecher zum Menschen macht, um sich das Leckerchen zu schnappen und dann wieder schnell das Weite sucht. Zum anderen könnte es sein, dass wir Menschen manchmal dazu neigen, unseren Hunden zu unterstellen, sie wollten einfach nicht reagieren, wenn sie ein Signal nicht sofort ausführen – dabei kann manchmal viel mehr dahinterstecken.

Die Welt der „Abklatschhunde“

In dieser Welt endet der Rückruf oft nur mit dem schnellen Abholen des Leckerchens oder einem weiten Bogen um uns. Doch warum verhalten sich manche Hunde so und was können wir dagegen tun? Schauen wir uns das genauer an:

Die Verknüpfung mit dem Anleinen
Oftmals rufen wir unsere Hunde nur dann, wenn wir sie anleinen wollen. Für unseren Hund bedeutet das: Rückruf = Ende des Spaßes. Kein Wunder, dass er nur kurz vorbeischaut oder gleich einen großen Bogen um uns macht. Wer möchte schon jedes Mal, wenn er uns etwas Gutes tut, direkt mit der Leine und dem Ende des Abenteuers konfrontiert werden?

Die Kaupausenfalle
Ein weiterer klassischer Stolperstein: Man ruft den Hund, belohnt ihn mit einem Leckerchen und marschiert dann selbst schnell weiter, während der Hund noch damit beschäftigt ist, das Leckerchen zu kauen. Für unseren Hund sieht das so aus: Rückruf = ein kurzer Snack und dann alleine weitermachen. Kein Raum für gemeinsame Interaktionen wie beispielsweise Streicheleinheiten.

Das fehlende Verweilen
Der wohl größte Knackpunkt: Unsere Hunde haben schlichtweg nie gelernt, dass das Verweilen bei uns nach dem Abruf dazugehört. Sie denken, der Rückruf ist eine flüchtige „Hallo und Tschüss“-Aktion. Kein Wunder, dass sie schnell das Weite suchen, wenn sie ihren Job erledigt haben.

Was kann man also tun, um keinen „Abklatschhund“ zu erziehen?

Rückruf immer wieder üben – ohne Anleinen
Ruf deinen Hund auch dann zu dir, wenn du nicht vorhast, ihn anzuleinen. Lobe ihn und lass ihn nach einer angemessenen Verweildauer wieder freilaufen. So lernt er, dass der Rückruf nicht gleich das Ende des Spaßes bedeutet.

Kaupausen bewusst einsetzen
Warte mit dem Weitergehen, bis dein Hund das Leckerchen aufgefuttert hat. Bleib bei ihm, streichle ihn und genießt die gemeinsame Zeit. So merkt er, dass das Verweilen bei dir richtig schön sein kann.

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Rückruf spielerisch gestalten
Mach den Rückruf hin und wieder zu einem Spiel. Versteck dich gelegentlich und lass deinen Hund nach dir suchen. Wenn er dich gefunden hat, kannst du ein weiteres soziales Spiel starten – sei es ein Fangspiel oder ein körpernahes Spiel. Achte dabei darauf, dass alles in einem sicheren Rahmen stattfindet; sowohl für euch als auch für andere soll keine Gefahr bestehen.

Wenn der Rückruf nicht schnell funktionieren kann: Ein Blick auf die sozialen Verpflichtungen unserer Hunde

Unsere Hunde können in bestimmten Situationen schlichtweg nicht sofort gehorchen, weil sie in soziale Interaktionen verwickelt sind. Hier ist eine beispielhafte Geschichte:

Anna und ihre Freundin Marta waren beim Spaziergang und ließen ihre beiden Hunde ohne Leine laufen. Plötzlich bemerkte Anna einen anderen Hund auf ihrem Spazierweg, der sich von der Seite näherte. Sie rief ihren Hund zu sich, um ihn anzuleinen. Der fremde Hund war bereits nahe bei Martas Hund angekommen, und die beiden Hunde begannen sich zu begrüßen. Mit durchgestreckten Beinen, erhobenen Köpfen und Ruten drehten sie sich langsam umeinander im Kreis, bevor sie stehen blieben und sich scheinbar nur noch ansahen. In diesem Moment rief Marta ihren Hund, ohne ihn durch die Bäume richtig zu sehen. Er hob seine Pfote und richtete sie in die Richtung des Rufes, setzte sie dann aber wieder ab und blieb stehen. Die beiden Hunde waren noch mitten in ihrem Gespräch. Anna rief Marta zu, dass ihr Hund gerade nicht kommen könne und bat um einen Moment Geduld. Ein paar Momente später entspannten sich die Körper beider Hunde. Ihre Ruten senkten sich von der aufrechten Position, ebenso wie ihre Köpfe. Langsam wandten sich die Hunde voneinander ab und orientierten sich wieder in Richtung ihrer Menschen. Anna rief Marta zu, dass sie ihren Hund jetzt rufen konnte. Sofort und ohne Umwege kam er zu ihr gelaufen. Er hatte schließlich seine soziale Pflicht gegenüber seinem Artgenossen erfüllt und konnte sich nun wieder seiner Menschenwelt zuwenden.

Was können wir daraus lernen?
Hunde haben ebenso wie wir Menschen ihre eigenen sozialen Verpflichtungen. Manchmal ist es nicht so, dass sie nicht wollen, sondern dass sie nicht können. Bevor man seinem Hund mangelnden Gehorsam vorwirft, sollte man die Situation genau beobachten. Gibt es vielleicht einen guten Grund, warum der Hund nicht sofort kommt? Wenn der Hund in eine Interaktion mit anderen Hunden verwickelt ist, kann es sinnvoll sein, einen Moment zu warten, bis die Unterhaltung abgeschlossen ist. Danach kann man den Hund rufen, und die Chance, dass er kommt, ist wesentlich größer.
Dieses Beispiel zeigt uns, dass Hunde nicht immer aus Trotz oder Ungehorsam ein Signal nicht ausführen. Manchmal stecken wichtige soziale Gründe dahinter, die wir Menschen manchmal übersehen können.

Achtung! Keine Ausrede für Nachlässigkeit
Es ist hierbei entscheidend, dass wir als Hundehalter*innen die Körpersprache und sozialen Signale unserer Hunde sorgfältig lernen und genau beobachten, um die wahren Gründe für ihr Verhalten zuverlässig zu erkennen. Unsere Aufgabe ist es, aufmerksam zu sein und das Timing unseres Rückrufs zu optimieren. Ein Rückruf, der zu spät erfolgt oder in einem ungünstigen Moment ausgesprochen wird, kann die Reaktion unseres Hundes beeinträchtigen. Es geht darum, ein feines Gespür für die Balance zwischen den sozialen Bedürfnissen unseres Hundes und dem Einhalten von Regeln in dem von uns gesteckten Handlungsspielraum zu entwickeln. Wenn wir uns diese Balance bewusst machen und an unserer Kommunikation arbeiten, schaffen wir ein harmonisches Zusammenspiel – für uns und unsere Hunde.

Fazit
Lasst uns gemeinsam die Welt der „Abklatschhunde“ verlassen und unsere Hunde zu treuen Rückkehrern erziehen, die gerne bei uns verweilen und nicht sofort wieder abhauen. Lasst uns lernen, unsere Hunde besser zu verstehen und ihnen die Zeit zu geben, die sie für ihre eigenen sozialen Verpflichtungen brauchen.

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